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„Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest“. Was vielen Menschen schon im Kindesalter als: „Die goldene Regel“ vermittelt wurde, funktioniert im Verkauf nur teilweise.

Dirk Thiemanns Erklärung:

„Verkäufer neigen dazu, ihre eigenen Verhaltensmuster und ihr eigenes Persönlichkeitsprofil auf den Kunden zu übertragen. Sie wundern sich dann, wenn zum Beispiel ein introvertierter, faktenorientierter Gesprächspartner von ihrer enthusiastischen Produktpräsentation wenig begeistert ist.“

„Behandle den anderen so, wie er behandelt werden möchte.“

Die „Platinregel“, so Dirk Thiemann, sollte deshalb lauten: „Behandle den anderen so, wie er behandelt werden möchte.“ Dies umzusetzen, fällt deutlich schwieriger und erfordert in aller Regel ein gutes Training, dem eine Persönlichkeitsanalyse vorausgeht. „Bevor man trainiert, die Persönlichkeit des Kunden anhand bestimmter Merkmale zu erfassen und ihn zu ‚lesen‘ muss sich ein Verkäufer bewusst werden, wie er selber tickt, welche präferierten Verhaltensmuster er hat und wie er auf andere wirkt.“

  • Dominante („rote“) Verkäufer sind häufig besonders abschlussstark und kommen schnell zum Ziel. Allerdings riskieren sie auch eine hohe Stornoquote, wenn sich der Kunde zum Kauf gedrängt und überredet fühlt. Ein starker Händedruck, eine kräftige Stimme und ein selbstbewusstes Auftreten sind typisch für den dominanten Verkäufer.
  • Begeisterungsfähige, sehr umgängliche und extrovertierte Verkäufer („gelb“) können andere gut mit ihrer Begeisterung anstecken und mitreißen. Sie kommen sehr leicht mit anderen ins Gespräch, sind umgänglich und positiv.
  • Beziehungsorientierte, aber auch vorsichtige und zurückhaltende Verkäufer, die eher dem Beratertyp entsprechen („grün“), mögen es nicht, auf andere zu stark einzuwirken. Ihnen ist wichtig, dass sich der Kunde wohl fühlt und genügend Zeit hat, selbst zu entscheiden.
  • Der sachlich-analytische Verkäufer („blau“) ist ein Zahlen- und Faktenmensch. Trifft er auf einen „gelben“ Kunden und argumentiert rein auf der Sachebene, wird er diesen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erreichen, geschweige denn begeistern.

Raus aus der Komfortzone

Sich auf einen Kunden einzustellen, der völlig anders tickt als man selbst, ist für Verkäufer eine große Herausforderung. Die Befürchtung, nicht mehr authentisch zu sein, sich verstellen und verbiegen zu müssen, hört Dirk Thiemann recht häufig in seinen Trainings. „Natürlich verweilen wir Menschen gerne in unserer Komfortzone. Verhaltensänderungen sind zunächst unbequem und können Ängste und Unsicherheit auslösen. Deshalb ist es nötig, neue Verhaltensmuster lange genug zu trainieren, bis sie in Fleisch und Blut übergegangen sind.“

Dazu gehört beispielsweise, einen Kunden zu „scannen“, noch bevor man ein erstes Wort mit ihm gewechselt hat. Geht er entschlossen, vielleicht sogar forsch auf den Verkäufer zu und begrüßt ihn mit kräftiger Stimme und eröffnet direkt das Gespräch, hat man es mit einem dominanten Gesprächspartner zu tun. Doch auch die Büroeinrichtung kann Bände sprechen: Der typische Chefsessel, Status- und Machtsymbole sind genauso aufschlussreich wie persönliche Dinge, etwa Familienfotos – oder aber ein völlig nüchternes, rein funktional ausgestattetes Büro.

Schnell umschalten

Beziehungskompetente Verkäufer erkennen schnell, mit welchem Persönlichkeitstyp sie es zu tun haben. Erste Hinweise geben die Körpersprache: „Betritt beispielsweise ein eher introvertierter Kunde ein Autohaus und schaut dabei zu Boden, kann sich der Verkäufer schon darauf einstellen, dass spontane Entscheidungen nicht seine Sache sind“, erklärt Dirk Thiemann. „Wichtig ist, dem Kunden das zu geben, was er braucht: Dominante Entscheider wollen, dass es schnell geht und der Verkäufer gleich zur Sache kommt, ihre Fragen kompetent beantwortet. Bei einem begeisterungsfähigen, extrovertierten Kunden muss der Verkäufer zeigen, dass er auch eine emotionale Beziehung zu seinen Produkten hat und darf dabei ruhig ins Schwärmen geraten. Einen vorsichtigen, sicherheitsorientierten Kunden würde ein solches Verhalten dagegen misstrauisch machen.“

So kann ein- und dasselbe Produkt mit völlig anderen Argumenten verkauft werden: Begriffe wie „Spaß“, „aufregend“, „einzigartig“ werden dem „gelben“, extrovertierten Kunden gerecht. Für ihn kann es auch ein Anreiz sein, als erster ein neues Produkt zu besitzen. Der „blaue“ Kunde interessiert sich dagegen für technische Details, der „grüne“ braucht Sicherheit genauso wie ein gutes Gefühl.

„Menschen sind nun mal nicht gleich und haben unterschiedliche Bedürfnisse“, erklärt Dirk Thiemann. „Werden diese befriedigt, sinken die Widerstände.“ Dies erlebt er auch selbst immer wieder: So genügte einmal nur die Bemerkung: „Ich glaube, ich weiß, wie Sie ticken. Offensichtlich möchten Sie gleich zum Punkt kommen“, um die optimale Verhandlungsbasis zu schaffen.